Amt Bornhöved
 

Vorlage - VO/2018/213/02GV  

Betreff: Finanzierung von künftigen Straßenausbaumaßnahmen
Status:öffentlichVorlage-Art:Vorlage
Verfasser:Thomas Kech
Federführend:20-1.1 Finanzen Bearbeiter/-in: Kech, Thomas
Beratungsfolge:
Finanzausschuss der Gemeinde Bornhöved Information
04.09.2018 
Sitzung des Finanzausschusses der Gemeinde Bornhöved geändert beschlossen   
Gemeindevertretung der Gemeinde Bornhöved Information
25.04.2019 
Sitzung der Gemeindevertretung der Gemeinde Bornhöved an Verwaltung zurück verwiesen   

Sachverhalt
Finanzielle Auswirkungen
Beschlussvorschlag
Anlage/n

ALLRIS® Office Integration 3.9.2

Sachverhalt:

1. Finanzierung von Straßenbaumaßnahmen (Gemeindestraßen)

 

Bei der Finanzierung von Straßenbaumaßnahmen (Gemeindestraßen) ist danach zu unterscheiden, ob es sich um eine

a) Erschließungs-,

b) Ausbau- oder

c) Unterhaltungsmaßnahme

handelt.

 

In den Gemeinden, in denen im Amtsgebiet in den letzten Jahren Erschließungs- oder Ausbaumaßnahmen stattfanden (Bornhöved und Trappenkamp), wurden die entsprechenden Maßnahmen zum Einen mit einem Gemeindeanteil und zum Anderen mit Anliegeranteilen (Beiträgen) finanziert.

 

Unterhaltungsmaßnahmen werden immer ausschließlich mit Gemeindeanteilen finanziert, weil die Voraussetzungen für eine Beitragserhebung (= Vorteilsentgelt) nicht vorliegen.

In dem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Gemeindeanteil bei Erschließungs- und Ausbaumaßnahmen auch durch eine Kreditaufnahme aufgebracht werden darf. Dieses ist bei Unterhaltungsmaßnahmen in Ermangelung eines Investitionscharakters nicht möglich (§ 95 g GO). Der Gemeindeanteil, der nicht durch eine Kreditaufnahme aufgebracht wird, wird im Rahmen der Gesamtdeckung durch die Inanspruchnahme allgemeiner Deckungsmittel = nicht zweckgebundene Einnahmen (z. B. Realsteuern, Schlüsselzuweisungen, Gemeindeanteile an der Einkommens- und Umsatzsteuer) gedeckt. Eine direkte Zuteilung von bestimmten allgemeinen Deckungsmitteln auf bestimmte Maßnahmen findet aber nicht statt. Im Rahmen der Gesamtdeckung kann es dahingestellt bleiben, ob Straßenbaumaßnahmen z. B. aus dem Gemeindenanteil der Einkommenssteuer oder z. B. der Grundsteuer B finanziert werden.

 

Die Erhebung von Beiträgen richtet sich grundsätzlich nach den Grundsätzen der Finanzmittelbeschaffung aus § 76 GO. Danach sind Entgelte für Leistungen (z. B. Benutzungsgebühren, privatrechtliche Entgelte, Straßenbaubeiträge) vorrangig vor Steuern zu erheben. Insofern erfolgte die eingangs genannte Finanzierung (Gemeinde- und Anliegeranteile) von Straßenausbaumaßnahmen auch gesetzeskonform.

Die allgemeinen Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung werden durch spezialgesetzliche Regelungen ergänzt. So sind für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen die §§ 127 ff BauGB einschlägig und die Erhebung von Ausbaubeiträgen richtet sich nach dem KAG (insb. §§ 8, 8a). Die gesetzlichen Vorgaben sind allerdings durch eine kommunale Abgabensatzung zu konkretisieren (vgl. auch § 132 BauGB und § 2 KAG).

 

Die Erhebungspflicht von Straßenausbaubeiträgen wurde allerdings zum 26.01.2018 durch eine Änderung des § 76 GO abgeschafft, in dem der Abs. 2 um den Satz 2 „Eine Rechtspflicht zur Erhebung von Straßenbaubeiträgen im Sinne der §§ 8 und 8a des Kommunalabgabengesetzes besteht nicht“ ergänzt wurde. Vor diesem Stichtag entstandene Beitragsansprüche sind allerdings noch zu realisieren. Wenn künftig keine Straßenausbaubeiträge mehr erhoben werden sollen, müsste die bestehende Ausbaubeitragssatzung aufgehoben oder um einen Zusatz ergänzt werden, aus dem sich ergibt, dass für die Zukunft keine neuen Beitragspflichten mehr entstehen. Die letztere Methode wird als sicherster Weg mit Blick auf die evtl. Abwicklung  von noch offenen Fällen angesehen. Solange die Satzungen unverändert bestehen, sind sie auch unverändert anzuwenden, weil die Gemeinden nicht befugt sind, bestehende Satzungen nicht anzuwenden.

 

Ergänzend wird noch angeführt, dass der Fortfall der Beitragserhebungspflicht nicht für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen gilt, weil sich diese grundsätzlich nach Bundes- und nicht nach Landesrecht richten und die Einschränkung der Grundsätze der Einnahmebeschaffung ausdrücklich auf das Landesrecht beschränkt ist.

 

2. Bedeutung von Straßenausbaubeiträgen

 

Straßenausbaubeiträge können naturgemäß nur erhoben werden, wenn auch Straßenausbaumaßnahmen stattfinden und haben auch nur dann eine Bedeutung. Finden keine Straßenausbaumaßnahmen statt, weil entweder der Straßenzustand dies nicht erfordert oder weil sich dazu keine politische Mehrheit findet, haben Straßenausbaubeiträge  auch keine Bedeutung.

 

Die Ausbaubeitragssatzungen im Amtsbereich enthalten alle nur Regelungen zu einmaligen Beiträgen (mit der Möglichkeit eines verrenteten Ausbaubeitrags). Die Möglichkeit wiederkehrende Beiträge zu erheben, wird zwar verschiedentlich diskutiert, bislang hat aber keine Gemeinde im Amtsbereich davon Gebrauch gemacht.

 

Die Höhe der Bemessungsgrundlage für Straßenausbaubeiträge ist in den Gemeinden unterschiedlich hoch und wird -abgestuft nach der Verkehrsbedeutung der Stre- (vereinfacht dargestellt) für die Gemeinden im Amtsgebiet, in denen in den letzten Jahren Ausbaumaßnahmen stattfanden, nachfolgend aufgeführt

 

Gemeinde

Hauptverkehrsstraße

Anliegerstraße

Bornved

31 %

76 %

Trappenkamp

35 %

85 %

 

Das Aufkommen an Ausbaubeiträgen wird nachstehend aufgeführt (auf volle TEUR gerundet):

 

Gemeinde

Einwohner

Beitragsaufkommen

2015 - 2017

Bornhöved

rd. 3.200

450.000 EUR

Trappenkamp

rd. 5.100

1.539.000 EUR

 

Der Vollständigkeithalber wird noch angeführt, dass in jüngerer Vergangenheit neben den Ausbaubeiträgen in beiden Gemeinden auch Erschließungsbeiträge erhoben wurden. In Bornhöved für die Erschließung des Eichengrundes (2014) und in Trappenkamp für die Erschließung des B-Planes 22 (ab 2017 über den Verkaufspreis der Grundstücke).

 

Das Ausbaubeitragsaufkommen im Betrachtungszeitraum beträgt je Einwohner im rechnerischen Durchschnitt:

 

Gemeinde

Betrag je Einwohner

(2015 2017)

Betrag je Einwohner

(pro Jahr)

Bornhöved

140,63 EUR

46,88 EUR

Trappenkamp

301,76 EUR

100,59 EUR

 

Das relativ hohe Beitragsaufkommen im Betrachtungszeitraum ist darauf zurückzuführen, dass in der Gemeinde Bornhöved seit langer Zeit wieder zwei Straßenausbaumaßnahmen stattfanden und die Gemeinde Trappenkamp ihre seit einigen Jahren stattfindende, relativ umfangreiche Ausbautätigkeit fortgesetzt hat.

 

Die Finanzlage in den Gemeinden Bornhöved und Trappenkamp lässt es nicht zu, evtl. ausfallende Straßenausbaubeiträge durch die eigene  Liquidität zu kompensieren. Zumal die Gemeinden bei jeder Ausbaumaßnahme auch noch ihren Gemeindeanteil aufbringen müssen. In dem Zusammenhang wird darauf aufmerksam gemacht, dass beide Gemeinden für 2018 in der Haushaltssatzung einen beträchtlichen planerischen Jahresfehlbetrag von deutlich über 500.000 EUR ausweisen und die Gemeinden gehalten sind, auf einen  ausgeglichenen Haushalt hinzuwirken, um die stetige Aufgabenerfüllung sicherzustellen. Daneben wird in beiden Gemeinden im Finanzplan für 2018 auch ein beträchtlicher Finanzmittelabfluss  dargestellt ohne dass Straßenausbaumaßnahmen enthalten sind und eine Kreditaufnahme jeweils bis zur Kreditobergrenze eingeplant ist.

D. h., dass entsprechende Einnahmeausfälle entweder durch höhere andere Einnahmen oder durch Einsparungen im Ausgabebereich ausgeglichen werden müssen (Umschichtungen). Einsparungen im Ausgabebereich wären bei Investitionen oder bei den freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben möglich. Wenn allerdings berücksichtigt wird, dass von der Rechengröße „Finanzkraft“ bereits rd. 75 % für Kreis-, Amts- und Schulverbandsumlage bzw. Schulträgerschaft verbraucht werden, dazu noch die Gewerbesteuerumlage und pflichtige Leistungen für Kindertageseinrichtungen zu zahlen sind, zeigt sich schnell, dass die Einsparpotenziale eingeschränkt sind. Bei Investitionen bestehen derzeit auch relativ viele Fördermöglichkeiten (z. B. Schulen, Sportstätten, Feuerwehrhäuser, Radwege) bzw. werden Förderrichtlinien erwartet. Wenn Investitionen in geförderten Bereichen erforderlich sind, ist es fragwürdig diese zu verschieben (zumindest wenn ein hoher Fördersatz besteht), weil zu erwarten ist, dass Förderprogramme nicht fortgesetzt werden, wenn sich die öffentlichen Finanzen wieder verschlechtern.

 

r Verbesserungen im Einnahmebereich sind die Möglichkeiten der Gemeinden auch eher begrenzt. Für Benutzungsgebühren (kostenrechnende Einrichtungen) gilt das Kostendeckungsprinzip und fällt z. B. der Bereich der Wasserversorgung oder der Abwasserbeseitigung als Einnahmeverbesserung aus (diese werden ohnehin regelmäßig neu kalkuliert). Die übrigen Möglichkeiten der Einnahmeverbesserung sind -abgesehen von Steuererhöhungen und Kreditaufnahmen- von überwiegend untergeordneter Bedeutung, wenn nicht Verbesserungen durch Dritte erfolgen. Dieses könnten insbesondere Zuweisungen sein.

 

Ertragsverbesserungen im Bereich der Steuern wegen ausfallender Straßenausbaubeiträge könnten durch die Einführung bzw. Erhöhung einer Zweitwohnungssteuer oder anderer örtlichen Aufwands- oder Verbrauchssteuern (z. B. Hundesteuer, Vergnügungssteuer) erzielt werden. Das zu erwartende Steueraufkommen wird aber verhältnismäßig gering sein. Daneben könnten die Realsteuern erhöht werden. Dafür würde sich in den genannten Gemeinden die Grundsteuer B anbieten, weil sich die meisten Gemeindestraßen im innerörtlichen Bereich befinden und die Summe der Messbeträge auch deutlich höher ist als bei der Grundsteuer A. In stärker ländlich geprägten Orten mit gemeindlichen landwirtschaftlichen Wirtschaftswegen o. ä. wäre allerdings auch eine Erhöhung der Grundsteuer A angezeigt.

 

a) Beispielrechnung Grundsteuer B:

 

Gemeinde

Summe Messbeträge

Grundsteuer B

Aufkommen Grundsteuer B

(Jahresdurchschnitt 2015 - 2017)

Bornhöved

rd. 124.200 EUR (aufgerundet)

487.400 EUR (abgerundet)

Trappenkamp

rd. 184.300 EUR (aufgerundet)

694.700 EUR (abgerundet)

 

Eine Erhöhung der Grundsteuer B hätte folgende Auswirkung (Jahresbeträge):

 

Gemeinde

10 %-Punkte

50 %-Punkte

75 %-Punkte

170 %-Punkte

Bornhöved

12.420 EUR

62.100 EUR

93.150 EUR

 

Trappenkamp

18.430 EUR

92.150 EUR

138.225 EUR

313.310 EUR

 

Um die Beitragsausfälle im Betrachtungszeitraum in einem Zeitraum von 5 Jahren auszugleichen, müsste die Gemeinde Bornhöved die Grundsteuer B um etwa 75 %-Punkte erhöhen. Dieses entspricht einer Steuererhöhung von 19,23 %.

Die Gemeinde Trappenkamp müsste die Grundsteuer B sogar um etwa 170 %-Punkte erhöhen, um den Einnahmeausfall auszugleichen. Dieses entspricht einer Steuererhöhung von 44,74 %.

 

Gemeinde

Beitragsaufkommen

2015 - 2017

Erhöhungsssatz

Grundsteuer B

Erhöhung Grundsteuer in 5 Jahren

Bornhöved

450.000 EUR

75 %-Punkte

465750 EUR

Trappenkamp

1.539.000 EUR

170 %-Punkte

1.566.550 EUR

 

Entwicklung der Hebesätze:

 

Gemeinde

Hebesatz (bisher)

Erhöhung

Hebesatz (neu)

Bornhöved

390 %

75 %-Punkte

465 %

Trappenkamp

380 %

170 %-Punkte

550 %

 

Rechnerisch übersteigt die Steuererhöhung zwar den Beitragsausfall, durch den zeitlich versetzten Finanzmittelzufluss wäre aber auch eine Zwischenfinanzierung durch eine Kreditaufnahme erforderlich und dafür würden zusätzliche Zinsen anfallen, die auch finanziert werden müssen.

Theoretisch könnte nach diesem Zeitraum die Steuer auch wieder gesenkt werden, da der Einnahmeausfall ja kompensiert wurde. Dies wird in der Praxis aller Voraussicht nach aber nicht möglich sein, da der Straßenausbau in den Gemeinden kontinuierlich fortgesetzt werden müsste.

 

b) Beispielrechnung Kreditaufnahme:

 

Ratendarlehen, Zinsbindung/Tilgung = 20 Jahre, Zinssatz (geschätzt) = 1,80 %

 

Gemeinde

Kreditsumme

EUR

Zinsen

EUR

Tilgung

EUR

Anfangsbelastung

EUR

Bornhöved

450.000

8.100

22.500

30.600

Trappenkamp

1.539.000

27.702

76.950

104.652

 

Um die entstehende Anfangsbelastung (Zinsen und Tilgung) bei einem Niedrigzinsniveau aufzubringen, müsste z. B. die Grundsteuer B in Bornhöved  um etwa 25 %-Punkte erhöht werden (= 31.000 EUR/Jahr). Dies entspricht einer Steuererhöhung von 6,41 %.

In Trappenkamp müsste die Grundsteuer B um etwa 57 %-Punkte (= 105.051 EUR/Jahr). Erhöht werden. Dies entspricht einer Steuererhöhung von 15,00 %. Wenn der Zinssatz für Kommunaldarlehen wieder auf ein übliches Niveau (3 %, 4 % oder höher) steigt, steigt die Hebesatzerhöhung entsprechend an.

 

Entwicklung der Hebesätze:

 

Gemeinde

Hebesatz (bisher)

Erhöhung

Hebesatz (neu)

Bornhöved

390 %

25 %-Punkte

415 %

Trappenkamp

380 %

57 %-Punkte

437 %

 

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass derzeit Straßenausbaubeiträge bei der Finanzierung von Straßenausbaumaßnahmen eine relativ hohe Bedeutung haben. Dieses wird schon an den Umlagesätzen (bis zu 76 % bzw. 85 % des beitragsfähigen Aufwandes) deutlich.

 

Die vorstehenden Beispielrechnungen berücksichtigen nicht, dass für 2018 bis 2020 eine nicht zweckgebundene Landeszuweisung zur Finanzierung kommunaler Infrastrukturmaßnahmen erfolgt. Dazu mehr unter 4.

 

3. Fördermittel des Bundes oder des Landes

 

rdermittel des Bundes oder des Landes für Straßenbaumaßnahmen an Anlieger- oder Erschließungsstraßen sind nicht bekannt.

Eine Förderung erfolgt z. T. für den ländlichen Wegebau mit EU-Mittel (ELER).

Die Gemeinden Bornhöved und Trappenkamp wurden aber in ein Städtebauförderungs-programm aufgenommen. Evtl. werden in diesen Gemeinden Sanierungsgebiete gebildet und vielleicht finden in solchen Gebieten auch Straßenausbaumaßnahmen statt. Ausbaubeiträge werden dann in diesen Gebieten aber nicht erhoben, weil das Sanierungsrecht das Beitragsrecht verdrängt. Alternativ werden aber (vermutlich geringere) „Sanierungsbeiträge“ (Ausgleichsbeträge) nach Bundesrecht (§ 154 BauGB) festgesetzt.

Es könnte somit der Umstand eintreten, dass Erschließungs- und „Sanierungsbeiträge“ nach Bundesrecht erhoben werden, aber auf Ausbaubeiträge nach Landesrecht verzichtet wird (s. a. Nr. 5). Zum jetzigen Zeitpunkt ist das aber reine Spekulation.

 

4. Landeszuweisung zur Finanzierung kommunaler Infrastrukturmaßnahmen

 

Zunächst einmal ist festzustellen, dass es sich bei dieser Zuweisung um keine zweckgebundene Zuweisung für den Straßenbau handelt, sondern um eine allgemeine Zuweisung für die kommunale Infrastruktur. Diese Zuweisung wird somit als nicht zweckgebundenes, allgemeines Deckungsmittel im Rahmen der Gesamtdeckung des Haushalts vereinnahmt (vergleichbar mit Schlüsselzuweisungen). Diese Mittel werden somit nicht direkt für die Finanzierung des kommunalen Straßenbaus eingesetzt (wie andere allgemeine Deckungsmittel auch nicht s. Nr. 1).

 

Dem Grunde nach ist diese Zuweisung natürlich zu begrüßen. Da eine Verteilung auf die Gemeinden nach dem „Gießkannenprinzip“ über die Einwohnerzahl und den Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer erfolgt und das jährliche Landesvolumen „nur“ 45 Mio. EUR beträgt, sind die Auswirkungen für die einzelnen Gemeinden aber überschaubar.

Im Amtsbereich beträgt die Zuweisung zwischen 5,57 EUR/Einwohner bis 11,02 EUR/Einwohner. Die relativ große Schwankung ist auf den unterschiedlich hohen Anteil der Gemeinden an der Umsatzsteuer zurückzuführen.

 

Bezirk

Betrag

Betrag/ Einwohner

Bornhöved

27.841,11 EUR

8,57 EUR

Trappenkamp

38.918,63 EUR

7,60 EUR

Amtsgebiet

84.765,75 EUR

7,85 EUR

 

Es wird davon ausgegangen, dass sich die Zuweisungshöhe für die einzelnen Gemeinden von 2018 bis 2020 nicht wesentlich ändern wird (die Schwankung der Einwohnerzahl ist nicht dramatisch und der Umsatzsteueranteil wurde erst 2018 neu angepasst). Für die Gemeinden Bornhöved und Trappenkamp ergeben sich voraussichtlich folgende Zuweisungshöhen (volle EUR abgerundet):

 

Gemeinde

2018

2019

2020

Gesamt

Bornhöved

27.841 EUR

27.841 EUR

27.841 EUR

83.523 EUR

Trappenkamp

38.918 EUR

38.918 EUR

38.918 EUR

116.754 EUR

 

Nachfolgend erfolgt ein Vergleich der neuen Landeszuweisung mit dem Ausbaubeitrags-aufkommen in dem dreijährigen Betrachtungszeitraum:

 

Gemeinde

Ausbaubeiträge

2015-2017

Landeszuweisung

2018-2020

nicht ausgeglichene Beitragsausfälle

Bornhöved

450.000 EUR

83.523 EUR

-366.477 EUR

Trappenkamp

1.539.000 EUR

116.754 EUR

-1.422.246 EUR

 

Der Vergleich zeigt (zumindest für den Vergleichszeitraum), dass die Landeszuweisung bei weitem nicht in der Lage ist, evtl. Beitragsausfälle zu kompensieren.

 

Durch die Landeszuweisung würden aber die Auswirkungen der Beispielrechnungen zu 2. natürlich gemildert werden.

 

Beispielrechnung:

 

Gemeinde

nicht ausgeglichene

Beitragsausfälle

verteilt auf 5 Jahre

Messbeträge

Bornhöved

366.477 EUR

73.295,40 EUR/Jahr

124.200 EUR

Trappenkamp

1.422.246 EUR

284.449,20 EUR/Jahr

184.300 EUR

 

Um die o. a. Beitragsausfälle in einem Zeitraum von 5 Jahren auszugleichen, müsste die Gemeinde Bornhöved die Grundsteuer B um etwa 60 %-Punkte (nicht mehr 75 %-Punkte) erhöhen (= 372.600 EUR). Dies entspricht einer Steuererhöhung von 15,38 %.

 

Die Gemeinde Trappenkamp müsste die Grundsteuer B aber immer noch um etwa 155 %-Punkte erhöhen (nicht mehr 170 %-Punkte) um den Einnahmeausfall auszugleichen (= 1.428.325 EUR). Dies entspricht einer Steuerhöhung von 40,79 %.

 

Entwicklung der Hebesätze:

 

Gemeinde

Hebesatz (bisher)

Erhöhung

Hebesatz (neu)

Bornhöved

390 %

60 %-Punkte

450 %

Trappenkamp

380 %

155 %-Punkte

535 %

 

5. Finanzierung von nftigen Straßenausbaumaßnahmen

 

Die künftige Finanzierung von Straßenausbaumaßnahmen im Amtsgebiet ist ungewiss.

Wie bereits ausgeführt wurde, kann die Landeszuweisung für Infrastrukturmaßnahmen evtl. entstehende Beitragsausfälle (zumindest im Vergeichszeitraum) nicht auffangen. Wie die Situation nach der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs 2021 aussehen wird, ist derzeit noch völlig offen.

 

Zum jetzigen Zeitpunkt hat im Amtsgebiet noch keine Gemeinde eine bestehende Ausbaubeitragssatzung abgeschafft oder dahingehend modifiziert, dass für zukünftige Straßenausbaumaßnahmen keine Beitragspflichten entstehen. In diesen Gemeinden besteht derzeit somit ein klares beitragsorientiertes Finanzierungsmodell und besteht keine gesetzliche Verpflichtung dieses Modell zu ändern. Die künftige Finanzierung von Straßenausbaumaßnahmen wird in den einzelnen Gemeinden des Amtsgebietes aber zu Diskussionen und möglicherweise auch zu Änderungen führen. Sollten Änderungen erfolgen, wären langfristige Lösungen erstrebenswert, weil eine Kontinuität bei der Finanzierung von Straßenausbaumaßnahmen zumindest eine anzustrebende Verlässlichkeit schafft.

 

Dabei ist die Ausgangslage in den einzelnen Gemeinden durchaus unterschiedlich, lässt sich diese in drei Kategorien einordnen und führt die unterschiedliche Ausgangslage auch zu unterschiedlichen Problemstellungen.

 

a) Gemeinden ohne Straßenausbaumaßnahmen und ohne Ausbaubeiträge in den

    vergangenen mind. 15 Jahren.

b) Gemeinde mit relativ wenigen Straßenausbaumaßnahmen und mit relativ wenigen

     Ausbaubeiträgen in den vergangenen mind. 15 Jahren (= Bornhöved).

c) Gemeinde mit relativ umfangreichen Straßenausbaumaßnahmen und mit relativ vielen

Ausbaubeiträgen in den vergangenen mind. 15 Jahren (= Trappenkamp).

 

Gemeinsame Ausgangslage ist für alle drei Kategorien:

 

Finanzierung über Straßenausbaubeiträge

Es gibt die Möglichkeit einmalige oder wiederkehrende Beiträge zu erheben. Der Beitrag ist grundsätzlich ein sogenanntes Vorteilsentgelt. Unter einem Vorteil wird verstanden, dass jemand von einer staatlichen Leistung greifbar in einem höhren Umfang profitiert als alle anderen. Der Straßenbau stellt zweilfellos eine staatliche Leistung dar und ein unmittelbarer Anlieger eine Straße profitiert auch zweifellos mehr von der Straße als alle anderen, da für den Anlieger eine Erschließungsmöglichkeit geschaffen bzw. erhalten wird. Es zahlt also nur derjenige der auch einen Vorteil hat.

 

Beim einmaligen Beitrag ist für den Betroffenen nachteilig, dass u. U. auch hohe bis sehr hohe Beträge anfallen können (große Grundstücke, hohe bauliche Nutzbarkeit, evtl. Gewerbezuschlag). Einen besonderen Nachteil haben aber vor allem Eigentümer von Eckgrundstücken, da diese zu Ausbaubeiträgen an mehreren Straßen (evtl. auch sehr zeitnah) herangezogen werden können. Durch die Möglichkeit (Rechtsanspruch der Betroffenen) einen einmaligen Ausbaubeitrag verrentet über 20 Jahre zu zahlen (Jahresleistung = mind. 600 EUR zzgl. Zinsen), kann die Belastung aber über einen längeren Zeitraum gestreckt werden. Der verrentete Beitrag wäre allerdings zu verzinsen, wobei die derzeitige Verzinsung deutlich unter Stundungszinsen liegt. Von der Verrentung können insbesondere Betroffene profitieren, die entweder eher finanzschwach sind (keine Bonitätsprüfung) oder ein hohes Lebensalter erreicht haben (evtl. kein Bankkredit mehr möglich). Die Verrentung ist (anders als eine Stundung) auch dann möglich, wenn die Einziehung des fälligen Betrages keine erhebliche Härte für den Betroffenen bedeuten würde (keine Offenlegung der persönlichen oder finanziellen Verhältnisse).

 

Beispiel:

 

Ausbaubeitrag

Leistung (ohne Zinsen)

Laufzeit Verrentung

monatlich

hrlich

Monate

Jahre

28.000 EUR

116,67

1.400,04

240

20,00

15.000 EUR

62,50

750,00

240

20,00

11.000 EUR

50,00

600,00

220

18,33

8.000  EUR

50,00

600,00

160

13,33

 

Die Vorteile sind im Wesentlichen, dass eine Beitragspflicht nur entsteht, wenn ein unmittelbarer Vorteil eintritt. D. h., dass die unmittelbar angrenzende (täglich genutzte) Straße ausgebaut wird. Weiterer Vorteil ist der große Abstand  zwischen den möglichen Beitragsveranlagungen, da zwischen zwei Ausbaumaßnahmen der gleichen Straße i. d. R. mehrere Jahrzente liegen. Regelmäßig wird eine natürliche Person als Grundstückseigentümer/in nur einmal in ihrem Leben zu einem Ausbaubeitrag herangezogen werden (Ausnahmen: Eckgrundstücke und evtl. Straßen mit hoher Verkehrsbedeutung). Es sei denn, sie wechselt das Grundstück oder hat mehrere.

 

Beim wiederkehrenden Beitrag ist für den Betroffenen nachteilig, dass der Beitrag für ein Abrechnungsgebiet gezahlt wird, der Beitrag über mehrere Jahre zu zahlen ist und es lange dauern kann, bis die unmittelbar angrenzende Straße ausgebaut wird. Liegt z. B. eine neuerschlossene Anliegerstraße (Erschließungsbeitrag) in einem Abrechnungsgebiet kann bereits nach relativ kurzer Zeit bereits ein wiederkehrender Beitrag entstehen (obwohl erst vor kurzer Zeit ein hoher Erschließungsbeitrag gezahlt wurde = bis 90 % des beitragsfähigen Aufwandes), aber es wird vermutlich 30 bis 40 Jahre dauern, bis diese Straße ausgebaut wird. Während dieser Zeit wird evtl. (zumindest einige Jahre) ein Beitrag gezahlt und es werden Straßen ausgebaut, die möglicherweise niemals vom Beitragszahler benutzt werden.

 

Der Vorteil des wiederkehrenden Beitrags ist die im Verhältnis zum einmaligen Beitrag deutlich geringere Höhe. Wobei natürlich die festzusetzenden Abrechnungsgebiete auch einen beträchtlichen Einfluss auf die Beitragshöhe haben. Eher kleine Abrechnungsgebiete führen voraussichtlich zu tendenziell höheren Beiträgen. Größere Gebiete (evtl. die gesamte Gemeinde sofern dieses überhaupt rechtlich zulässig ist) zu tendenziell eher niedrigeren Beiträgen (weil die Anzahl der Baumaßnahmen voraussichtlich nicht wesentlich höher aber die Anzahl der Beitragspflichtigen größer ist).

Der Vorteil des wiederkehrenden Beitrags gegenüber dem einmaligen Beitrag relativiert sich allerdings wieder, wenn der einmalige Beitrag verrentet über 20 Jahre gezahlt wird (s. o.). Daneben wird beim wiederkehrenden Beitrag auch nicht zwischen der unterschiedlichen Verkehrsbedeutung von Straßen unterschieden, sondern ist der Beitragsatz anders als beim einmaligen Beitrag für alle Straßen gleich hoch.

 

Generell kann davon ausgegangen werden, dass sich die Erwartungshaltung der Einwohner ändern wird, wenn von einem einmaligen Beitrag auf wiederkehrende Beiträge umgestellt wird (dieses dürfte auch bei der Finanzierung über allgemeine Deckungsmittel der Fall sein). Hat der überwiegende Teil der Einwohner bei verhältnismäßig hohen einmaligen Beiträgen wenig Interesse daran, der Nächste bei einer Ausbaumaßnahme zu sein, dreht sich dieses bei wiederkehrenden Beiträgen um. In dem Fall wird vermutlich jeder der Nächste bei der nächsten Ausbaumaßnahmen sein wollen. Warum sollte jemand Interesse daran haben, selbst an einer schlechten Straße zu wohnen, obwohl er Beiträge zahlt und diese aber für Ausbaumaßnahmen in anderen Straßen eingesetzt werden ?

 

Bei der Beitragsfinanzierung von Straßenausbaumaßnahmen könnte auch ein Denkansatz sein, mögliche zusätzliche Einnahmen zur Senkung des Umlagessatzes einzusetzen und damit den Gemeindeanteil zu erhöhen. Damit wäre zwar kein Strukturwechsel bei der Finanzierung künftiger Straßenausbaumaßnahmen verbunden, könnte aber hohe Belastungen insbesondere beim einmaligen Beitrag etwas mindern.

 

Finanzierung über allgemeine Deckungsmittel (nicht zweckgebundene Einnahmen)

Sollten Beitragsausfälle über allgemeine Deckungsmittel finanziert werden. Würde dieses nach dem derzeitigen kommunalen Finanzausgleich und der neuen Landeszuweisung für Infrastrukturmaßnahmen aller Voraussicht nach, zu einer deutlichen Erhöhung der Realsteuern (insb. Grundsteuern) führen (s. a. Nr. 2). Gesetzliche Höchstgrenzen für Realsteuern bestehen in Schleswig-Holstein nicht. Somit haben die Gemeinden bei der Festlegung der Hebesätze einen weiten Ermessensspielraum. Das Ermessen der Gemeinden wird allerdings dadurch begrenzt, dass Steuern nicht willkürlich erhöht werden und keine „erdrosselnde“ Wirkung haben dürfen. Diese Grenzen sind jedoch sehr weit gezogen. Grundsteuerhebesätze von 560 %, 660 %, 720 % oder 800 % und Gewerbesteuerhebesätze von 450 % und 470 % wurden durch Finanz- und Verwaltungsgerichte anderer Bundesländer als nicht erdrosselnd beurteilt. Es sind auch drastische Erhöhungen zulässig, wenn die Gemeinde einen entsprechenden Finanzbedarf darlegt, unabhängig woher dieser Finanzbedarf rührt. Ein Finanzbedarf der besteht, weil auf Straßenausbaubeiträge verzichtet wird, rechtfertigt daher die Erhöhung der Hebesätze für die Realsteuern.

 

Vorteile dieser Variante wären:

-          Der Einzelne wird nur relativ gering (im Verhältnis zum einmaligen Beitrag) zusätzlich belastet.

-          Bei den allgemeinen Deckungsmitteln handelt es sich um Erträge und erleichtern diese damit den Haushaltsausgleich (Beiträge werden als Sonderposten passiviert und entsprechend der Nutzungsdauer von Straßen aufgelöst und tragen somit nur mit dem Auflösungsanteil zum Haushaltsausgleich bei).

-          Der Verwaltungsaufwand wäre sehr gering und somit relativ günstig im Verhältnis zur aufwändigen Beitragsveranlagung (egal ob einmalig oder wiederkehrend).

 

Einige Nachteile werden nachstehend aufgeführt:

-          Es wird für alle Maßnahmen bezahlt, ohne dass ein eigener Vorteil entsteht.

-          Es wird vermutlich eine dauerhafte Erhöhung sein, auch wenn akut keine Ausbaumaßnahmen vorgesehen sind, weil es sich um ein allgemeines Deckungsmittel handelt und diese nicht mit konkreten Maßnahmen verbunden sind.

-          Evtl. erleben Steuerzahler es nicht, dass ihre Straße ausgebaut wird, obwohl viele Jahre eine erhöhte Steuer gezahlt wurde.

-          Eine Reihe von Beitragspflichtigen ist nicht grundsteuerpflichtig (z. B. Grundstücke für Schulen, Sport- und Freizeitanlagen, Grundstücke für kirchliche oder religöse Zwecke usw.). Dieser Anteil würde somit von den Grundsteuerpflichtigen mitgetragen werden und deren Belastung gegenüber der Beitragsfinanzierung folglich noch erhöhen.

 

In einem Aufsatz in der Publikation „Die Gemeinde, 10/2017“ erfolgen Ausführungen zu einer möglichen Finanzierung von Straßenausbaumaßnahmen über eine Erhöhung der Grundsteuer und dem Kommunalen Finanzausgleich (KFA).  So wird beim KFA die Steuerkraft einer Gemeinde nicht nach den tatsächlichen Hebesätzen berechnet, sondern nach den Nivellierungssätzen (= Rechengröße). Diese betragen 92 % des gewogenen Durchschnitts der Hebesätze aus dem kreisangehörigen Bereich im vergangenen Jahr (§ 7 Abs. 2 FAG). Steigen die Hebesätze, steigt auch der gewogene Durchschnitt und werden die Gemeinden somit reicher gerechnet (= Erhöhung der Steuerkraft).

 

Davon ausgehend, dass die Nivellierungssätze künftig stark ansteigen, weil zunehmend Straßenausbaumaßnahmen über Steuern finanziert werden, stelllt sich die Frage, ob dieses negative Auswirkungen auf die Höhe der Schsselzuweisungen hat.

Weil durch die steigende Steuerkraft die Finanzausgleichsmasse nicht beeinflusst wird, müsste der Grundbetrag je Einwohner um die steigende Steuerkraft/Einwohner ebenfalls steigen und dürften sich deshalb keine negativen Auswirkungen auf die Höhe der Schlüsselzuweisungen ergeben. Egal ob der Nivellierungsatz über- oder unterschritten wird, weil es sich beim Nivellierungssatz um eine Rechengröße handelt. Die Finanzkraft einer Gemeinde müsste sich somit erhöhen.

 

Die Schlussfolgerung, die daraus gezogen wird, dass damit auch zwangsläufig alle Umlagen, die sich nach der Finanzkraft einer Gemeinde bemessen (Amts- und Kreisumlage) steigen, kann nicht geteilt werden.

 

Vereinfacht dargestellt basiert der KFA auf einer Finanzausgleichsmasse für Schlüsselzuweisungen, die mit einem Grundbetrag/Einwohner auf die Gemeinden verteilt wird. Bei der Festlegung der Finanzausgleichsmasse für Schlüsselzuweisungen wird die Steuerkraft der Gemeinden nicht berücksichtigt (§ 3 FAG).

In einem ersten Schritt wird somit die zu verteilende Masse festgelegt. Danach wird errechnet, wie hoch die Steuerkraft der Gemeinden/Einwohner ist. Ist die Steuerkraft der Gemeinden höher kann der Grundbetrag/Einwohner also auch höher festgesetzt werden, weil sich dadurch die zu verteilende Masse nicht mindert. Die Finanzkraft einer Gemeinde (= Steuerkraft + Schlüsselzuweisungen) steigt somit. Theoretisch würden somit die Umlagen, die nach der Finanzkraft festgesetzt werden, auch steigen. Dieses ist jedoch praxisfremd, weil in der Praxis die Umlageberechtigten zunächst ihren Finanzbedarf ermitteln und danach die Umlagenhöhe festsetzen. Steigt also die Finanzkraft, kann grundsätzlich der Umlagesatz gesenkt werden, wenn dem nicht andere Faktoren entgegenstehen (z. B. Erhöhung von Personalkosten).

 

Finanzierung über Kredite

Bei einer Kreditfinanzierung wird die Verschuldung der Gemeinden schnell und beträchtlich steigen, wenn Straßenausbaumaßnahmen stattfinden und werden die Kreditverbindlichkeiten auch über allgemeine Deckungsmittel finanziert. Das wird voraussichtlich auch zu Steuererhöhungen führen. Die über einen langen Zeitraum andauern werden, weil Kredite für Straßenbaumaßnahmen i. d. R. langfristig aufgenommen werden.

 

Fraglich ist aber, ob bei einem Verzicht von Straßenausbaubeiträgen eine Kreditaufnahme überhaupt zulässig ist. Nach § 76 Abs. 3 GO dürfen Kredite nur aufgenommen werden, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre. Durch die weggefallene Verpflichtung zur Erhebung von Ausbaubeiträgen ist diese mithin nicht unmöglich geworden und stellt eine Beitragsfinanzierung von Ausbaumaßnahmen auch keine wirtschaftlich unzweckmäßige Finanzierungsform dar. Nach Erlass des Innenministeriums (MILI) vom 26.04.2018 ist dieses aber unproblematisch, weil der Verzicht auf die Erhebung von Straßenbaubeiträgen keine zu prüfende Tatbestandsvorausetzung nach §§ 95 g, 95 f GO ist. Eine genehmigungspflichtige Festsetzung in der Haushaltssatzung (Kreditaufnahme) wird somit nicht verweigert, nur weil keine Straßenausbaubeiträge erhoben werden. Prüfungsmaßstab sind nur die Grundsätze einer geordneten Haushaltswirtschaft und hierbei insbesondere die dauernde Leistungsfähigkeit einer Gemeinde und damit der Haushaltsausgleich.

 

Finanzierung über Rückstellungen

ckstelllungen werden dadurch gebildet, dass in einem Haushaltsjahr ein Aufwand gebucht wird, der entweder in späteren Jahren verbraucht wird oder wieder ertragswirksam aufgelöst wird, wenn er doch nicht oder nicht in der gebildeten Höhe benötigt wird. Rückstellungen sind nach § 24 GemHVO-Doppik zu bilden (z. B. Altersteilzeitrückstellung, Verfahrensrückstellung). Rückstellungen dienen aber nicht dem Zweck, Mittel für einen bestimmten Investitionszweck anzusammeln. Aus diesem Grund  sieht § 24 GemHVO-Doppik auch keine Investitionsrückstellung vor und ist es deshalb unzulässig für Straßenausbaumaßnahmen in künftigen Jahren Rückstellungen (z. B. aus Jahresüberschüssen) zu bilden. Rückstelllungen fallen somit als Finanzierungsmodell bzw. -variante aus.

 

Die unterschiedlichen unter a) bis c) aufgeführten Ausgangslagen führen aber zu weiteren Überlegungen:

 

Zu a)

Grundsätzlich braucht nur die Entscheidung darüber getroffen werden, welche der genannten Finanzierungsformen die gerechteste bzw. am wenigsten ungerechte ist. Dieses hat dann naturgemäß Auswirkungen auf mehr oder weniger Einwohner. Es tritt aber zumindest keine Doppelbelastung von früheren Beitragszahlern ein, weil es die schlicht und ergreifend nicht gibt (wie angeführt wurde, ist ein möglicher Erschließungsbeitrag ohnehin nicht betroffen).

 

Zu b) und c)

Neben der Überlegung zu a) wäre bei der Umstellung von einmaligen Beiträgen auf wiederkehrende Beiträge, eine Doppelbelastung von früheren Beitragszahlern unvermeidlich. Bei der Umstellung sind zwar Regelungen zu treffen, die eine Doppelbelastung von Grundstückseigentümern verhindern sollen, eine gesetzliche Verschonungsfrist besteht aber nicht. Die gesetzliche Regelung legt vielmehr allgemein fest, dass der Zeitraum der Verschonung nach der üblichen Nutzungsdauer der Verkehrsanlagen (die nach der VV-Abschreibungen sehr unterschiedlich sind) und dem Umfang der einmaligen Belastung zu bemessen ist. Nach der Literatur zum KAG erfolgt eine Verschonung in Abhängigkeit des gezahlten einmaligen Beitrags je qm Grundstücksgröße (Staffelung) von einem Jahr bis zu 20 Jahren. Danach beträgt die Verschonung je voller EUR einmaliger Beitrag ein Jahr (z. B. Beitrag = 13,50 EUR/qm = 13 Jahre Verschonung).

Die Verschonungsfrist für wiederkehrende Beiträge beträgt somit nur bis zu 20 Jahre und auch nur dann, wenn ein verhältnismäßig hoher Ausbaubeitrag bezahlt wurde (mind. 20 EUR/qm). Ist der gezahlte Ausbaubeitrag je qm niedriger (was bei bisherigen Ausbaumaßnahmen der Fall war, zumindest wenn es sich um kein Eckgrundstück oder um mehrgeschossige Bebauung handelt) ist auch die Verschonung entsprechend kürzer.

Bei Anliegerstraßen beträgt die „Verschonung“ von einmaligen Beiträgen aber regelmäßig 30, 40 Jahre oder länger. In kürzeren Abständen werden zumindest Anliegerstraßen regelmäßig nicht ausgebaut und entsteht ein einmaliger Beitrag nur bei neuen Ausbaumaßnahmen.

 

Bei der Umstellung auf die Finanzierung über allgemeine Deckungsmittel entsteht überhaupt keine Verschonung. Das bedeutet, dass derjenige Beitragszahler der erst vor kurzer Zeit einen einmaligen Beitrag gezahlt hat, über eine steigende Grundsteuer zusätzlich belastet wird oder neben dem verrenteten Ausbaubeitrag auch noch eine erhöhte Grundsteuer zu zahlen hat.

Je mehr frühere Beitragszahler von einer Umstellung betroffen wären, desto größer ist natürlich auch eine mögliche Doppelbelastung und vermutliche Missbilligung.

 

Die erfolgten Straßenausbaumaßnahmen in den Gemeinden Bornhöved und Trappenkamp in den vergangenen max. 20 Jahren werden nachstehend aufgeführt:

 

Gemeinde

Straße

Bornhöved

Bahnhofstraße, Wendenstraße, Holstenkamp und z. T. Achtern Diek

Trappenkamp

nigsberger Straße, Lessingstraße, Berliner Ring, z. T. Igelweg, Claudiusstieg, Farnstieg, Ginsterstieg, Irisstieg, Drosselweg, Horst-Schulz-Weg, Waldstraße, Erfurter Straße, Rosenstraße, Mozartweg, Nachtigallweg (evtl. unvollständige Liste)

 

Bei der vorstehenden Aufstellung ist die unterschiedliche Anzahl von Ausbaumaßnahmen auffällig und verdeutlicht diese, dass in Trappenkamp erheblich mehr frühere Beitragszahler von einer Umstellung des Finanzierungsmodells betroffen sein können, weil nicht nur deutlich mehr Straßen ausgebaut wurden, sodern es sich dabei auch teilweise um große Straßen handelt.

 

In dem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass das Bundesverfassungsgericht die Regelungen zur Festsetzung der Grundsteuer als verfassungswidrig eingestuft und den Gesetzgeber verpflichtet hat, diese bis Ende 2019 neu zu ordnen. Es wird unterstellt, dass durch die Neuordnung das Grundsteueraufkommen für die Gemeinden steigen wird, wenn die Hebesätze unverändert bleiben. Welche Konsequenzen die einzelnen Gemeinden daraus ziehen werden (z. B. Senkung der Hebesätze, Senkung der Beitragssätze, keine), ist aber ungewiss. Es kann natürlich auch sein, dass die vorgenannte Unterstellung gar nicht eintritt und sich das Grundsteueraufkommen nicht mehrt, sondern mindert. Weiter ist auch nicht bekannt, ob auch künftig die Finanzämter die Bemessungsgrundlagen zur Erhebung der Grundsteuer feststellen, oder ob künftig die Kommunen stärker beteiligt werden. Was wiederum aller Voraussicht nach den Verwaltungsaufwand vor Ort erhöhen würde (und damit auch eine Kostensteigerung für die Kommune verursachen könnte).

 

6. Bewertung der Wahlfreiheit

 

Eine Wahlfreiheit ist grundsätzlich eine positive Angelegenheit. Die Wahlfreiheit führt aber zu einem größeren Druck aus der Bevölkerung auf die Kommunalpolitik die Straßenausbau-beiträge abzuschaffen.

Fakt ist aber, dass Straßenausbau mit hohen Auszahlungen verbunden ist. Fakt ist auch, dass dieses Geld irgendwoher kommen muss. Fakt ist bisher weiter, dass die neue Landeszuwendung für Infrastrukturmaßnahmen den Beitragsausfall zumindest im Vergleichszeitraum nicht abdeckt.

 

Wenn der Einzelne umfassend über die unterschiedlichen Finanzierungsmöglichkeiten, deren Vor- und Nachteile und die Grundzüge der Beitragsberechnung (insbesondere beim einmaligen Beitrag) informiert wäre, würde dieser Druck vermutlich nicht entstehen bzw. so hoch sein. Es entsteht aber der Eindruck, dass die Meinung besteht, dass bei einer Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen der Straßenausbau zum Nulltarif für den Einzelnen zu haben ist. Dem ist aber nicht so. Entweder wird auf Straßenausbau verzichtet (was den Unterhaltungsaufwand ansteigen lässt) oder die Einnahmeausfälle werden anders ausgeglichen. Ein Ausgleich vom Land in voller Höhe findet derzeit nicht statt. Ob dieses bei einer Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs passieren wird, bleibt abzuwarten (darf aber durchaus bezweifelt werden). Selbst wenn es so sein sollte, dass künftig die Kommunen nicht mehr mit Straßenausbauzahlungen belastet würden, weil entsprechende Bundes- oder Landeszuwendungen erfolgen, müsste auch der entsprechende Zuwendungsgeber diese Mittel irgendwoher bekommen und dieses erfolgt nun einmal in einem nicht unerheblichen Umfang über den Steuerzahler.

 

Derzeit besteht, zumindest in den Gemeinden, in denen in den vergangenen Jahren beitragspflichtige Straßenausbaumaßnahmen stattfanden, eine gewisse Verunsicherung darüber, wohin sich die Finanzsituation entwickeln wird. Dieses könnte dazu führen, dass für absehbare Zeit Straßenausbaumaßnahmen unterlassen werden, weil keine Gemeinde Interesse daran hat, ihre Einwohner über Gebühr in Anspruch zu nehmen oder doppelt zu belasten.

 

7. Literaturhinweise

 

Abschließend wird auf folgende Aufsätze zur Aufhebung der Beitragserhebungspflichtr Straßenausbaubeiträge hingewiesen:

 

Die Gemeinde 10/2017  Grundsteuer oder Straßenbaubeiträge ?“

    Reimer Steenbock, Verwaltungsdirektor a. D.

Die Gemeinde   4/2018  Aufhebung der Beitragserhebungspflicht für den

Straßenausbau“

Prof. Dr. Marcus Arndt, Dr. Bernd Hoefer und Dr. Jonas Dörschner

Die Gemeinde   4/2018 Aufhebung der Beitragserhebungspflicht Hoffnungen und

Illusionen“

    Reimer Steenbock, Verwaltungsdirektor a. D.

 

 

 

ALLRIS® Office Integration 3.9.2

Finanzielle Auswirkungen:

Keine

 

 

 

ALLRIS® Office Integration 3.9.2

Beschlussvorschlag:

-/-

 

 

 

ALLRIS® Office Integration 3.9.2

Anlage/n:

-/-